29. November 2016 / 10:11
Autor:  Uwe Hegewald

Das Feuerwehrdorf am Rande der Stadt

Rührige Gemeinschaft: Klasse Brandschützer / Traditionspflege vom Osterreiten bis zum Kult-Osterfeuer

Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz umfasst 1200 Quadratkilometer Fläche. Er ist Heimat für 114 000 Einwohner, die in neun Städten, 32 Gemeinden und deren Ortsteilen leben. Doch wer sind die Nachbarn? Die RUNDSCHAU geht auf Kreis-Reise. Die Station heute: Zerkwitz (Lübbenau). Näher geht kaum. Nur ein Schritt trennt Zerkwitz von der Kernstadt Lübbenau. Viele nehmen den Ortsteil daher schon immer als Stadtteil wahr. "Unsere Lage ist doch fantastisch. Wir können gleichermaßen die Vorzüge von Stadt und Land genießen", beschreibt Einwohnerin Birgit Mende die territoriale Situation. Es sind die sprichwörtlichen Katzensprünge bis zur Kindertagesstätte, zur Schule, zum Einkaufsmarkt und zu den Sport- und Kulturstätten. Und doch hebt sich Zerkwitz von der übermächtigen Stadt ab. Was das Feuerwehrwesen anbetrifft sogar von vielen Nachbarkommunen. Erst kürzlich ist der freiwilligen Feuerwehr ein neues Einsatzfahrzeug übergeben worden. Kreisfeuerwehrverbandschef Manfred Mrose lobte die Weitsicht der Stadtverordneten. "Die Zerkwitzer haben es sich auch verdient." Allein was den Feuerwehrsport angeht, gibt Zerkwitz so manches Mal den Ton an. Zahlreiche Pokale und Urkunden haben die pfeilschnellen Feuerwehrsportler in den zurückliegenden Jahren auf kommunaler, regionaler und auch Landesebene errungen. "Es ist ein Hobby zum Liebhaben. Inzwischen sind wir schon eine richtige kleine Feuerwehrgemeinde", beschreibt Kristin Krüger. Vor einem Jahr ist sie zur Zerkwitzer Jugendfeuerwehrwartin bestellt worden. Löschgruppenführer Gerd Klos hatte diesbezüglich schon längere Zeit seine Empfehlung ausgesprochen. Wohlwissend, dass sich im Hause Krüger vieles um Feuerwehrbelange dreht. Neben Kristin, die intensive Kontakte mit den Feuerwehrleuten in Klessow und Groß Lübbenau pflegt und bei Bedarf auch bei den Kittlitzer Feuerwehrteufeln mitspurtet, bekleidet Ehemann Tino Krüger das Amt des stellvertretenden Jugendfeuerwehrwartes. Selbst Junior Nils (9) und Tochter Jona fühlen sich zum Feuerwehrsport hingezogen. Beachtenswert: Die 15-jährige Gymnasiastin fühlt sich gleich in mehreren Feuerwehrsport-Mannschaften wohl. Darüber hinaus trainiert und startet Jona Krüger in den Einzeldisziplinen 100 Meter Hindernis und Hakenleitersteigen für das Team Brandenburg, auch wenn dafür regelmäßige Sonntagsausflüge aufs Trainingsgelände nach Cottbus anstehen. Zerkwitz nur auf Feuerwehr zu reduzieren, würde dem Dorf am Rande der Stadt aber nicht gerecht werden. Überregionalen Bekanntheitsgrad haben der Ort und die Evangelische Kirchengemeinde Zerkwitz durch das Ausrichten des Osterreitens erlangt. Seit 17 Jahren werden die teilnehmenden Reiter gesegnet und am Ostersonntag mit vier weißen Fahnen mit einem roten Kreuz sowie einem aus Buchsbaum geflochtenem Kreuz auf die Reise geschickt. Während des Osterritts durch mehrere Nachbardörfer werden längs der Strecke hunderte kleine Hoffnungssträußchen aus Buchsbaum verteilt, die zuvor von Frauen des Ortes gebunden wurden. "Von Anfang an ist Regina Kunipatz unsere Star-Flechterin. Sie fertigt auch immer die Ehrenkrone für den Innenraum der Kirche", würdigt Birgit Mende vom Dorf- und Kulturverein. Dieser setzt sich aus einer 14-köpfigen Interessengemeinschaft um ihre Vereinsvorsitzende Petra Hansel zusammen. Unter anderem hält der Verein den Taktstock für die geselligen Dorffeste in seiner Hand, bei denen sich das Areal zwischen Kirche, Schulhaus und Feuerwehrdepot zu einer Kultur- und Partymeile entwickelt. Einwohner sehen sich dann nicht nur als Feiernde sondern auch als Gastgeber, wie am Beispiel von Horst-Dieter Kunipatz. Mit seiner Fischräucherei setzt er kulinarische Akzente. "Wer viele Jahre zur See gefahren ist, hängt halt am Wasser und an den Fischen", begründet der Inhaber der Spreewaldräucherei, die inzwischen auch von Touristen angesteuert wird. Traditionsveranstaltungen wie das Zampern, Eierkuchenessen oder das von der Jugend organisierte Osterfeuer besitzen Kultstatus. Wobei Zerkwitzern eine gewisse Beschlagenheit zugeschrieben wird: Als der klassische Kirmestanz immer weniger Zuspruch fand, wurde ein Oktoberfest etabliert – und die Gästezahlen stiegen. Gestiegen ist auch die Zahl der Mädchen und Jungen, die es zur Jugendfeuerwehr zieht. "Innerhalb eines halben Jahres wuchs diese auf 18 Mitglieder", informiert Kristin Krüger. Um Nachwuchsfeuerwehrleute auch im Winterhalbjahr fitt und bei Laune zu halten, geht es regelmäßig ins Lübbenauer Delphin-Bad oder in die benachbarte Turnhalle. Die Nähe zur Kernstadt Lübbenau erweist sich auch hier als Vorteil. Im Sommerhalbjahr wird im benachbarten Krimnitz trainiert. "Wir sind den dortigen Feuerwehrleuten überaus dankbar, dass sie uns Trainingsbahn und Gerätehaus zur Verfügung stellen. Ebenso allen unseren anderen zuverlässigen Sponsoren", so die Jugendfeuerwehr-Chefin. Ein eigenes Trainingsgelände hat das Dorf nicht, bedauern Einwohner aber auch. Quelle: lr-online.de

Foto: U. Hegewald