19. November 2021 / 21:11
Autor:  Uwe Hegewald

Was Brandenburgs ranghöchster Feuerwehrmann als Präsident alles erlebt hat

Der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg verabschiedet sich in den Ruhestand. Werner-Siegwart Schippel blickt auf seinen schmerzlichsten Tag zurück und äußert sich über mögliche Nachfolger.

Am Samstag wird Werner-Siegwart Schippel im Rahmen der Delegiertenversammlung des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg e.V. (LFV BB) in den Ruhestand verabschiedet. Im November 2013 zum Präsidenten des LFV BB berufen, heißt es nun nach acht Jahren, die Dienstmütze an den Nagel zu hängen. Die Rundschau sprach mit dem Jubilar, der am 24. Oktober 70. Geburtstag feierte, über Errungenschaften und Rückschläge in seiner Dienstzeit und seine Vorhaben in der nun verfügbaren Freizeit.

Worauf blicken Sie besonders gerne zurück. Was waren in Ihren Augen die größten Erfolge?

Dass wir die Regionalkonferenzen und Fachtage ins Leben gerufen und umgesetzt haben. Zu den Erfahrungsaustauschen waren viele Feuerwehrleute zum Mitreden eingeladen. Eine Regionalkonferenz kostet aber auch Geld, die über die ursprüngliche Grundförderung von jährlich 90.000 Euro nicht zu leisten war.

Feuerwehrverband ist stolz auf Hinterbliebenenregelung

Zu meinem Amtsantritt mussten sich der LFV BB und die Landesjugendfeuerwehr diese Summe noch teilen. 2014 ist es uns gelungen, eine institutionelle Förderung mit einer konkreten Summe auf die Beine zu stellen. Im Landeshaushalt sind jetzt jährlich 400.000 Euro eingestellt, die uns Planungssicherheit geben. Stolz ist der Verband auch auf die angepasste Hinterbliebenenregelung. Gemeinsam mit dem damaligen Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ist es gelungen, dass im Eintrittsfall auch nichteheliche Partnerschaften hinzugezogen werden. Inzwischen findet dieses Modell länderübergreifende Beachtung. Gleiches gilt für das Brandenburger Prämien- und Ehrenzeichengesetz, bei dem sich zeitnahe Aufwandsentschädigung und Treue Dienste miteinander verbinden.

Gibt es weitere Brandenburger Pionierleistungen oder Ideen, die von anderen Bundesländern übernommen wurden?


Als ein Beispiel fällt mir da die Zusammenarbeit mit dem Landesfeuerwehrverband Mecklenburg-Vorpommern ein. Beim Erwerb geländegängiger Einsatzfahrzeuge machen wir inzwischen gemeinsame Sache. So können wir größere Lose ausschreiben und damit Einsparungen erzielen. Das erleichtert Investitionen seitens der Träger des Brandschutzes, gereicht aber auch den Produzenten von Einsatz- oder Fahrzeugtechnik zum Vorteil.    

Mussten Sie in Ihrer Dienstzeit auch Rückschläge oder Niederlagen hinnehmen und gab es Momente, bei denen die Verbandsarbeit von bedauerlichen Zwischenfällen überlagert wurde?


Ärgerlich ist, wenn es mit bestimmten Projekten nicht vorangeht. Insbesondere, was die Novellierung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes angeht. Eckpunkte wie die Themen Tageseinsatzbereitschaft im flachen Land oder die Kapazität der LSTE – Landesschule und Technische Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz Brandenburg sind von Arbeitsgruppen zu Papier gebracht, aber noch immer nicht umgesetzt.

Feuerwehruniformen bleiben Streitthema

Ebenso das nicht unumstrittene Thema Uniformen, für dessen Umsetzung es nach den Regionalkonferenzen in Mitgliederumfragen mehrheitliche Zustimmung gab. Diese lässt jedoch immer noch auf sich warten. Bei den Feuerwehrleuten löst das Unverständnis aus, zumal es bei denen von Natur aus doch immer schnell gehen muss.

Als schmerzlichsten Tag wird mir der 5. September 2017 in Erinnerung bleiben, als zwei Feuerwehrleute während eines Einsatzes auf der Autobahn 2 bei Kloster Lehnin ums Leben gekommen sind. Die beiden 23- und 38-jährigen Feuerwehrmänner starben, als ein Sattelzug nach einem Unfall auf ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr auffuhr, dieses dann umkippte und die beiden Männer unter sich begrub. Eine von Lehniner Kameraden und unserem Verband initiierte Spendenaktion erreichte bundesweite Ausstrahlung und Resonanz. Zum Glück unterstützte uns dabei das zuständige Finanzamt. Wir hätten nämlich juristisch gesehen als gemeinnütziger Verein gar keine Spendenaktion auslösen dürfen. Mit unseren dadurch gewonnenen Erfahrungen konnten wir dann im Sommer dieses Jahres jenen Verbänden mit Informationen weiterhelfen, die Spenden für die Geschädigten der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gesammelt haben.   

Ein Blick in die Zukunft: Wie gut sehen Sie die Feuerwehren des Landes Brandenburg aufgestellt, wo gibt es in Sachen Ausrichtung noch Nachholbedarf?


Feuerwehren sind der Kitt der Gesellschaft. Auch in vermeintlich kleinen Orten gehört sie genauso dazu, wie die Dorfkirche oder das Gasthaus. Generell erweist sich die Feuerwehr als große Familie, in der Solidarität und gegenseitiges Vertrauen gelebt wird. Das müssen wir uns bewahren. Auch wenn das finanzielle Mittel bindet und Träger des Brandschutzes mitunter stöhnen: die örtliche Präsenz der Feuerwehr ist ungemein wichtig. Als eine der größten Baustellen sehe ich die notwendigen Umstrukturierungen und das Zusammenlegen von Feuerwehren auf dem flachen Land. Wichtig dabei ist, die Feuerwehrleute vor Ort bei der Stange zu halten, damit keiner von diesen enttäuscht davonläuft.

Wie soll das bestenfalls funktionieren?

Durch einen breit ausgerichteten Dialog sowie das Suchen und Pflegen von Kontakten. Ob im Landesparlament, in Kommunalverwaltungen, Stadtverordnetenversammlungen oder Ortsbeiräten. Darin einbezogen fühlen sollen sich Verbände, die Politik, Entscheidungsträger öffentlicher Belange bis hin zu den Ortswehrführern.    

Wer wird in Ihr Büro in Potsdam einziehen und welche Empfehlungen geben Sie ihrem Nachfolger mit auf den Weg?

Mit Frank Kliem, Vizepräsident des LFV BB und Rolf Fünning, langjähriger Leiter der Werkfeuerwehr ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt, gibt es zwei Kandidaten, die von Kreis- oder Mitgliederverbänden vorgeschlagen wurden. Es wird auf der Delegiertenversammlung also zu einer klassischen Wahl kommen. Beides sind erfahrene Kameraden, die wissen, wie Feuerwehrdienst funktioniert.

Delegieren wird für den Nachfolger wichtig

Wenn ich etwas mit auf den Weg geben kann, ist das der Hinweis, dass der Präsident für die gesamte Mark Brandenburg zuständig ist. Er sollte also landesweite Termine wahrnehmen, um auch das sprichwörtliche Ohr an der Masse zu haben. Aufgrund des Aufgabengebietes und der Terminfülle ist es ratsam, Arbeit und Verantwortlichkeit auch an andere Personen zu delegieren. Von immenser Bedeutung ist ebenso das Zugehen auf die Politik. Eine konstruktive Zusammenarbeit ist unabdingbar und wenn erforderlich, sollte mein Nachfolger auch mal öffentlich mit der Faust auf den Tisch schlagen.

Wie wird sich Ihr Alltag im Ruhestand gestalten? Werden Sie der Feuerwehr die Treue halten?


Ich freue mich, endlich mal wieder entspannt angeln zu gehen. Eine seit Jahren ruhende Mitgliedschaft im Vetschauer Angelverein ist inzwischen wieder aktiviert. Der privaten Landwirtschaft mit kleinem Rinderbestand und Gemüseanbau für den Eigenbedarf werde ich wieder mehr Zeit widmen und mit meiner Gattin öfters mal aufs E-Bike steigen. Sie war mir in all den Jahrzehnten als Landespolitiker und zuletzt als Präsident des LFV BB immer eine verständnisvolle und unterstützende Ehefrau. Zudem möchte ich meine ehrenamtliche Arbeit als Kuratoriumsvorsitzender der Bürgerstiftung Kulturlandschaft Spreewald fortsetzen und die Momente mit meinen Kindern und sechs Enkeln genießen. Und als Mitglied der Alters- und Ehrenabteilung der FF Vetschau bleibe ich der Feuerwehr ohnehin verbunden. Langeweile wird also nicht aufkommen.

Quelle: lr-online.de

Fotos: Stationen des Präsidenten

Fotos: Ho. Neumann (Archiv)